Klimaverhandlungen
der G7
Reiche
Länder ohne Kohle
Von David Böcking, Elmau
SPIEGEL
ON LINE den 8. Juni 2015
Beim
G7-Gipfel hoffen Klimaschützer auf ein Signal der reichen Industriestaaten: Sie
sollen sich zum kompletten Ausstieg aus fossilen Energieträgern verpflichten.
Doch vor allem Japan bremst.
G7Climate negotiations
By David Böcking, Elmau
By David Böcking, Elmau
Source: SPIEGEL ON LINE 8th June,
2015
With the G7 summit,
environmentalists hope for a signal from the rich industrialised nations: they
should bind themselves to a complete withdrawal
from fossil sources of energy. But, first of all, Japan stalls.
G7 leaders agree to strive for low-carbon economy
SOURCE: Reuters Editions, KRUEN,
GERMANY |
G7 leaders agreed on Monday to wean their economies off carbon fuels and
supported a global goal for reducing greenhouse gas emissions, but they stopped short of agreeing their
own immediate binding targets.
In
a communiqué issued after their two-day summit in Bavaria, the G7 leaders said
they backed reducing global greenhouse gas emissions at the upper end of a
range of 40 to 70 percent by 2050, using 2010 as a basis. The range was
recommended by the IPCC, the United Nations' climate-change panel.
They also
backed a global target for limiting the rise in average global temperatures to
two degrees Celsius (3.6 Fahrenheit) compared with pre-industrial levels.
"We commit to doing our part to
achieve a low-carbon global economy in the long-term, including developing and
deploying innovative technologies striving for a transformation of the energy
sectors by 2050, and invite all countries to join us in this endeavour,"
the communiqué read.
G7 host Angela Merkel of Germany, once
dubbed the "climate chancellor", hoped to revitalize her green
credentials by getting the G7 nations to agree specific emissions goals ahead
of a larger year-end United Nations climate meeting in Paris.
The leaders stopped short of agreeing any such immediate
binding targets for their economies. Green lobby groups nonetheless welcomed
the direction of their agreements.
"They've given important political
signals, but they could have done more, particularly by making concrete
national commitments for immediate action," said Sam Smith, leader of the
WWF Global Climate and Energy Initiative. "We had hoped for more
commitments on what they would do right now."
The Europeans had pressed their G7 partners
to sign up to legally binding targets for reducing greenhouse gas emissions.
Klimaverhandlungen
der G7 - Fortsetzung des Artikels auf deutsch
Als
am Vorabend des G7-Gipfels ein schwerer Wolkenbruch über dem Tagungsort in
Elmau niederging, war das am Tag darauf für Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ein
Beweis bayerischer Effizienz. "Das muss man erst mal hinkriegen",
scherzte er. "Gestern die Demonstranten wegschwemmen und heute so ein
Wetter."
Man hätte das
Unwetter auch anders deuten können: als kleine Erinnerung an das vielleicht
wichtigste Thema des Treffens, den Klimawandel. Der stand am Montagmorgen als
erstes auf dem Programm der Staatenlenker, was bei Klimaschützern für große
Hoffnungen sorgte. In Elmau sei ein "echter Durchbruch" möglich,
sagte Tobias Münchmeyer, Energieexperte bei Greenpeace.
Dabei
waren die Erwartungen zuvor gering, zumal das entscheidende Treffen ohnehin der
nächste Klimagipfel in Paris sein wird. Noch vor wenigen Tagen wollte ein
hochrangiger Vertreter der Bundesregierung nicht einmal versprechen, dass sich
das sogenannte Zwei-Grad-Ziel in der Abschlusserklärung der G7 finden wird.
Immerhin,
das ist nun gelungen: Die G7-Länder haben in Elmau ein verbindliches
Zwei-Grad-Ziel zur Begrenzung der Erderwärmung beschlossen. Mit der
Übereinkunft wollen sie eine Voraussetzung schaffen, dass im Dezember in Paris
ein Welt-Klimavertrag geschlossen werden kann, berichtet die Deutsche
Presse-Agentur. Die Uno-Klimakonferenz hatte sich bereits 2010 darauf geeinigt,
die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen.
Klimaschützerherzen
höher schlagen lässt ein anderes Konzept: Die G7-Länder könnten sich auf das
Ziel einer sogenannten Dekarbonisierung einigen - ein Komplettumbau des
Wirtschaftssystems zur Vermeidung von Kohlenstoffemissionen. Dies müsse bis
Ende des Jahrhunderts gelingen, forderte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD)
kurz vor dem Gipfel im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.
Doch
die G7 könnten sogar eine noch ehrgeizigere Variante beschließen: Demnach
sollen sie bereits bis 2050 ihren Energiesektor entkarbonisieren, bevor der
Rest der Wirtschaft dann bis Ende des Jahrhunderts folgen würde.
Dass
eine solche kollektive Energiewende überhaupt diskutiert wird, sehen Aktivisten
als Anzeichen dafür, dass in der Klimapolitik der lange ersehnte Wandel näher
rückt. Weitere Hoffnungswerte:
§ In China war
der Kohleverbrauch 2014 rückläufig, die CO2-Emissionen des Energiesektors
stiegen nicht weiter an. Das liegt neben einer leichten Abschwächung des Wirtschaftswachstums
auch am Ausbau erneuerbarer Energien.
§ In Norwegen beschloss kürzlich der staatliche Pensionsfonds, sich von
allen Investitionen in Kohle zu trennen. Der Ruf nach solchen sogenannten
Divestment-Strategien wird mittlerweile auch in Deutschland lauter.
§ In Deutschland und
anderen Ländern wächst die Angst vor einer sogenannten Carbon Bubble,
also einem Absturz von Unternehmen, deren Geschäftsmodell von fossilen Energien
abhängt. Große europäische Energiekonzerne haben
auf Druck von Investoren angekündigt, ihre Geschäftsmodelle zu
überprüfen.
§ In Frankreich will
sich François Hollande als Gastgeber des nächsten Klimagipfels für eine
"historische Einigung" einsetzen.
Doch
hinter dem neuen Optimismus in Elmau steckt neben veränderten Fakten eine
nüchterne Analyse des letzten großen Klimagipfels in
Kopenhagen. Der wurde 2009 auch deshalb zum Fiasko, weil die
westlichen Länder auf weltweite, eindeutige Verpflichtungen gesetzt hatten.
"In
Kopenhagen wurde alles auf eine Karte gesetzt", sagt
Greenpeace-Energieexperte Münchmeyer. "Das war ein Fehler." Statt wie
damals klare Restriktionen für Emissionen zu fordern, loben viele Klimaschützer
mittlerweile lieber den wirtschaftlichen Wandel - auch wenn er sich in kleinen
Schritten vollzieht.
Das
Dekarbonisierungsziel wurde offenbar von der deutschen Präsidentschaft ins
Spiel gebracht, fand jedoch die Unterstützung der EU-Länder und zumindest Wohlwollen
der USA. Als Blockierer erschienen dagegen vor allem die Japaner.
Als
einziges G7-Land hat Japan noch kein konkretes Ziel für den Pariser Gipfel
vorgelegt. Während des Gipfeltreffens gab Premierminister Shinzo Abe dann
zumindest eine vorläufige Zahl bekannt: Bis 2020 sollen die Emissionen um 26
Prozent sinken.
Das
klingt eindrucksvoll, allerdings nur, wenn man wie die Japaner den Ausstoß von
2013 zugrunde legt. Im Vergleich zu 1990 liegt die angestrebte Verringerung
nach Angaben der Hilfsorganisation Oxfam dagegen bei nur 18 Prozent - die
EU-Länder haben sich hingegen 40 Prozent vorgenommen.
"Ich denke
wir sind ehrgeizig genug", verteidigte ein japanischer Spitzendiplomat am
Sonntagabend das bescheidene Vorhaben, während vor ihm ein Teller mit Rostbratwürsten
und Sauerkraut kalt wurde. Schließlich habe man nach dem Atomunfall vonFukushima den Energiemix völlig umstellen
müssen. Außerdem habe Japan schon jetzt eine besonders hohe Energieeffizienz
und gebe viel Geld für Klimahilfsprogramme in ärmeren Ländern.
Das
sehen Nichtregierungsorganisationen entschieden anders. Merkel müsse Abe
"vom Klima-Harakiri" abbringen, forderte Daniel Boese vom
Kampagnennetzwerk Avaaz. "Japan darf Fukushima nicht mehr als Ausrede
nutzen, sondern muss die Zeichen der Zeit erkennen und seine
Weltklasseingenieure auch bei den erneuerbaren Energien anpacken lassen."
Das
Bekenntnis zu einer G7-Energiewende schien am zweiten Gipfeltag trotz des
japanischen Zögerns erreichbar: Noch gegen 22:30 Uhr trafen sich
Klimaunterhändler am Sonntagabend zu einer Verhandlungsrunde. Zur Untermalung
hatte es da im Wettersteingebirge nach zwischenzeitlichem Königswetter erneut
zu regnen begonnen. Die Sintflut blieb aber diesmal aus.
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